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 Post subject: Das Bellart Bells oder wie man ein Hang imitiert.
PostPosted: Fri Sep 03, 2010 4:54 pm

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Joined: Mon Mar 30, 2009 8:13 am
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Hallo Zusammen,

nun hatte ich endlich einmal die Gelegenheit ein Bellart Bells persönlich zu spielen. Es war eine interessante Begegnung.
Ich bin gestern von einem Besuch bei der Panart zurück gekommen. Zusammen mit Ixkeys habe ich dort einige Tage verbracht und wir haben viel über das Hang, seine Entstehung und die Physik hinter diesen Dingen gelernt.

Felix und Sabina haben uns auch genauestens die Unterschiede zwischen dem Bell und dem Hang erklärt. Bei Panart weiß man genau, was ein Bell ist und wie es funktioniert. Sie haben eines untersucht.

Was mir als Hangspieler sofort auffiel.

1. Die Töne des Bell sind klar eingestimmt. Es gibt den Grundton und eingestimmte Obertöne. Das ganze klingt für die Ohren erstmal nicht unangenehm.

2. Das Bell ist glatt. Die Berührungen, welche beim Hang eine Art "rauschen" erzeugen, hört man hier nicht. Es ist nahezu lautlos, wenn man darüber streichelt.

3. Und dies ist ein wichtiger Punkt. Das Bell ist ca. 750 Gramm leichter als das Hang. Es hat aber exakt die gleiche Größe und Form.

Also ist das Blech dünner. Genau gesagt, ist daß Blech in etwa 0,8 mm dick. An einigen Stellen minimal dicker und an anderen Stellen sogar noch dünner als 0,8 mm.
Gute Steelpans werden nicht mit solch dünnem Blech gebaut. Wenn man das Blech noch ein bißchen dünner machen würde, dann hätte man die Stärke von großen Konservendosen.
Mit diesem dünnen Blech geht Lluis von Bellart (oder die Leute die für ihn das Bell bauen und tunen??? ) allen Problemen die der Hangbau so mit sich bringt aus dem Weg.

Das Bell ist ja nicht etwa nur inspiriert vom Hang, sondern Lluis versucht alles möglichst genau nachzuahmen.
Nur um den Inhalt seiner "Mogelpackung" braucht er sich nicht kümmern. Die Leute kaufen es ihm ab, weil es aussieht wie ein Hang und man die Unterschiede auf Medien wie Youtube nicht sehr gut hört.
Das ganze ist für mich vergleichbar mit diesen asiatischen Rolex Uhren . Sie sehen von außen genau aus wie eine Rolex, es ist aber billige Technik drinnen.
So eine Rolex Fälschung ist aber wesentlich billiger als ein Original.
Bellart nimmt für seine Fälschung genauso viel Geld wie ein Hang kostet.
Und ja, das Bell ist eine Fälschung! Selbst Felix von Panart muß zweimal hingucken, wenn er so ein Bell sieht. Es gleicht rein optisch den ersten Generation Hang mit Messingring. Und Panart hat in der Vergangenheit so einige dieser Hanghang mit einem Messingring versehen.
Es geht hier nicht um Inspiration. Jeder optische Aspekt wurde kopiert. Viele Dinge haben beim Bells keine andere Funktion als ein Hang nachzuahmen. Für den Klang braucht man sie beim Bells überhaupt nicht.
Dinger mit solcher Qualität zu diesem Preis zu verkaufen grenzt an Verarschung der Kunden und es ist meiner Ansicht nach auch eine Beleidigung der Hangbauer, die täglich mit den Kräften die beim Hangbau wirken konfrontiert werden.
Felix Rohner sagte mir vor ein paar Tagen es sei relativ einfach solche Dinger in hohen Stückzahlen anzufertigen. Kein Problem für einen Steelpantuner.
Sicherlich ist die Fälschung rein optisch sehr gut. Hier haben Leute ganz schön Geld investiert.
Um die wahre Qualität haben sie sich aber nicht kümmern müssen. Darum geht es ihnen offensichtlich garnicht. Die Leute kaufen es ja auch so.

Das Hang ist ein komplexes ganzes. Die Hangbauer arbeiten mit einem Material, was wesentlich stärker ist, als das dünne Blech von Lluis. Daher ist es natürlich auch schwieriger mit den wichtigen Spannungen im Blech umzugehen.
Das Hang erzeugt bei jeder Berührung einen Klang und es erklingt nicht etwa eine isolierte Note. Das ganze Hang klingt!
Beim Bell ist es anders. Hier haben wir 8 isolierte Töne. Die Töne klingen für sich genommen zwar sauber gestimmt und ganz schön, aber nach einer kurzen Weile wird es totlangweilig.
Was soll ein Musiker mit diesen 8 isolierten Noten anfangen?
Wer solche Klänge möchte, ist mit einem Xylophon besser bedient. Hier hat man wenigstens die ganze chromatische Tonleiter.
Ja, man kann drauf rumtrommeln. Eine sehr teure Trommel, oder?

Es gäbe noch viel zu sagen. Die Zeit ist reif, für eine ernsthafte Diskussion über Qualitäten. Es kann doch nicht angehen, daß Leute mit solch billig gemachten Produkten "verarscht" werden.

Viele Grüße
Frank

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The hang brings back what we lost: we are touched by an unknown call (Felix Rohner - Panart).


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 Post subject: Re: Das Bellart Bells oder wie man ein Hang imitiert.
PostPosted: Tue Sep 07, 2010 6:41 pm

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Joined: Thu Aug 12, 2010 10:03 am
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Hallo Frank,
vielen Dank für den interessanten Bericht über ... wie heißt das noch? Bellart Bells, ja? Irgendwann kommen bestimmt noch z.B. PlanArt Dumms dazu, ArtPanda Hands etc. etc. :)
Ich habe mich schon gewundert, dass bei so starker Nachfrage und solchen Gewinnen es keinen „Business-Man“ noch gibt, der eine Partie von z.B. 10 tausend nachgemachten Hanghang in China bestellt und weiterverkauft. Ich habe mir die Werbevideos auf YouTube in die Website angeguckt und musste lachen – alles abgekupfert: Blechufos, Tragetaschen sogar der Name ist ähnlich. Die Webseite passt dazu – aufs Schnelle gemacht, ignorant und fehlerhaft.

Selbstverständlich ist das absolute Fälschung und PanArt würde vor jedem Gericht gewinnen. Ich weiß nicht, ob PanArt das Hang patentiert hat oder nicht. Was allerdings die potenziellen Käufer machen, ist andere Geschichte. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Wenn jemand für einen falschen Rolex statt 20 Euro unbedingt 2 Tausend bezahlen will, das ist seine Entscheidung. Keiner zwingt ihn. Gegen die Fälschungen gehen normalerweise die Produzenten vor und nicht die Besitzer von echter Rolex.
Auch keiner Besitzer von echter Rolex würde über die Qualitätsunterschiede zu einer Fälschung streiten. Ich sehe, dass bis heute keiner wollte, über die Qualitäten diskutieren. Meiner Meinung nach ist es offensichtlich, dass Bellart Bells hat so viel mit Hang zu tun wie Mozart mit Mozartkugeln.
Schöne Grüße
Marek

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Das Hang ist ... ein Spiegel?


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 Post subject: Re: Das Bellart Bells oder wie man ein Hang imitiert.
PostPosted: Wed Sep 08, 2010 8:16 am

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Joined: Wed Apr 08, 2009 11:16 am
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Wenn die Bells aus so einem dünnen Blech gefertigt sind, werden die sich wohl auch eher verstimmen als ein Hang, oder?
Ich finde es ja völlig in Ordnung, wenn jemand die Erfindung der Hangbauer aufgreift und etwas Eigenes aus dieser Idee entwickeln möchte. Schade ist es , wenn nur ein "Abkupfern" stattfindet.
Damit wird der Entwicklung des Hangs und natürlich PANArt geschadet.
Wenn dann für ein Plagiat auch noch ein hoher Preis zu zahlen ist, ist das wirklich eine reine Abzockgeschichte.


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 Post subject: Re: Das Bellart Bells oder wie man ein Hang imitiert.
PostPosted: Wed Sep 08, 2010 8:30 am

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Joined: Mon Mar 30, 2009 8:13 am
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Hallo,

@Marek. Du fragst ob Panart das Hang patentiert hat. Sicherlich unterliegt das Hang einem gewissen Schutz.
Den Namen "Hang" darf z.B niemand außer Panart (oder mit der Erlaubnis von Panart) nutzen.
Hier geht es in erster Linie garnicht um all die anderen Versuche ein Hang nachzubauen. Es gibt ja noch einige solcher Instrumente, wie z.B das Halo , die Caissa usw....
Bei all diesen Instrumenten, ist optisch klar erkennbar, daß es sich nicht um ein Hang von Panart handelt.
Sicherlich ist es auch interessant hier einmal genauer hinzusehen und über Qualitäten zu sprechen.
Das Bells ähnelt dem Hang so sehr, daß selbst die Hangbauer zweimal hinsehen müssen. Die Betonung liegt auf "sehen". Wenn man es spielt oder hört ist die Sache schnell klar.

Die Bellart Leute kopieren jeden Aspekt vom Hang, obwohl er für den Bellartsound überhaupt nicht nötig ist.
Mit dünnem Blech werden alle Herausforderungen des Hangbaus vermieden. In so dünnes Blech einen Grundton und ein paar Obertöne einzustimmen ist keine große Kunst.

Ich spiele nun fast vier Jahre Hang. Es ist der Klang, der die Leute berührt. Nicht die Optik und auch nicht die schönen Melodien, die ich spiele.
Ohne den Klang, ist das Hang banal. Lineare Instrumente haben wir schon jede Menge. Das Hang ist aber nicht linear. Das ganze Hang erklingt bei jeder Berührung.

Ich verstehe den Wunsch nach mehr Hanghang. Ich habe Glück und kann jederzeit auf einem Hang spielen.
Nur befriedigt das Bells nicht die Sehnsucht der Leute die im Grunde ein Hang suchen. Die Leute werden mit der identischen Optik getäuscht.
Das darf nicht sein.

Bellart soll sein Bells deutlich vom Hang unterscheidbar bauen. Es stimmt nicht, daß hier die Form für die Funktion nötig ist.
Der Messingring wird nicht gebraucht.
Der Name BELLArt ist alleine schon ein Witz.
Die Ausrichtung der Klangfelder ist nur kopiert. Keine Notwendigkeit in so einem "spannungslosen" Teil.
Nur drei Beispiele von vielen.
Der Preis ist auch ein Witz. Dafür braucht es aber ja auch immer Leute, die bereit sind ihn zu zahlen.

Frank

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 Post subject: Re: Das Bellart Bells oder wie man ein Hang imitiert.
PostPosted: Wed Sep 08, 2010 8:34 am

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Joined: Mon Mar 30, 2009 8:13 am
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bongo wrote:
Wenn die Bells aus so einem dünnen Blech gefertigt sind, werden die sich wohl auch eher verstimmen als ein Hang, oder?


Hallo,

@bongo. Das könnte natürlich sein. Ein dünnes Blech lässt sich leichter verformen als ein dickeres. Das wird dann ja die nahe Zukunft zeigen.

Grüße
Frank

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 Post subject: Re: Das Bellart Bells oder wie man ein Hang imitiert.
PostPosted: Wed Sep 08, 2010 1:36 pm

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Joined: Thu Aug 12, 2010 10:03 am
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Location: Hamburg
Funky wrote:
Ich spiele nun fast vier Jahre Hang. Es ist der Klang, der die Leute berührt. Nicht die Optik und auch nicht die schönen Melodien, die ich spiele.
Ohne den Klang, ist das Hang banal. Lineare Instrumente haben wir schon jede Menge. Das Hang ist aber nicht linear. Das ganze Hang erklingt bei jeder Berührung.


Als ich das erste Mal meine Begegnung mit dem Hang hatte, habe das zuerst GEHÖRT und dann habe ich gesehen, weil ich neugierig war, woher das kommt. Also „Das Hang ist Klang“ (ich nehme das vielleicht als meine Signatur?), frei nach dem J. Berendt. Ein Stradivari macht sein Klang und nicht das Aussehen (A. Einstein auch) :P

Funky wrote:
Die Leute werden mit der identischen Optik getäuscht.
Das darf nicht sein.

Doch, doch, die Leute werden mit der Optik getäuscht, weil sie oft förmlich danach verlangen. Die Geschichte ist ziemlich lang, fängt schon in der Bibel (Tanz um den goldenen Kalb), die Menschen verkleiden sich, tragen Abzeichen, Roben oder Armanianzüge, kaufen Porsche und falsche Brüste etc. etc. etc.

Wozu meditieren 10 Jahre lang, wenn man lieber einer Sekte beitreten kann und schon ist Erleuchtung fällig? Leute wollen was zum Anfassen, weil das verständlich und nicht so schwierig zu begreifen ist. Und zwar schnell, man hat nicht mal Zeit ein Brief zu schreiben, wozu ist Email da?

Ich denke, das ist noch unsere Erbe aus der Zeit, als wir noch auf den Bäumen sprangen, die Stämme mit Stöcken bearbeitet haben um was Essbares zu bekommen (mir fällt plötzlich ein Bild von trommelnden Hangspielern, weiß ich nicht, warum ;) ) und jeder abstrakte Firlefanz ein Buch mit sieben Siegeln war.

Und es gibt selbstverständlich immer die Unmenge von Leuten, die das ausnutzten und Kohle machen. Es gab sie, es gibt sie und es wird sie geben.

Ich denke, es ist jedem Einzelnen überlassen sein eigenen Weg weiterzugehen und Fortschritte zu machen (oder auch nicht, wenn sie nicht wollen). Die freie Wille eben. Wenn jemand Hilfe oder Rat braucht, kann das immer finden. Nur muss es das wollen. Was ist aber, wenn jemand es nicht will? ...

Also kauft sich jemand etwas, was so wie ein Hang aussieht, trommelt darauf und gut ist. Besser eine Trommelbüchse als ein Kalaschnikow. :)
Ich werde auf meinen Hang warten. Nicht weil ich was Besseres bin, sondern weil mich den Klang so beeindruckt hat.

Schöne Grüße
Marek

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